Mit Recht hat Eisenach, genau wie Eisleben, Wittenberg und Erfurt Anspruch, „Lutherstadt“ genannt zu werden. Wurden doch hier die Grundlagen für sein späteres Werk und Leben gelegt, von dem kein Geringerer als Goethe sagen konnte: „Die Deutschen sind ein Volk erst durch Luther geworden“. In Möhra, unweit der Wartburgstadt, finden wir Luthers Wurzeln in Gestalt einfacher Bauern. Stolz bekennt sich der Reformator zu seiner Herkunft: „Ich bin eines Bauern Sohn, mein Vater, mein Großvater, mein Urgroßvater sind rechte Bauern gewesen“. Die Schulzucht und die Erziehung im Elternhaus waren äußerst streng, besonders seitens des Vaters. „Um einer geringen Nuss willen wurde ich gestäupt, dass das Blut floss“, so Martin in seinen Erinnerungen. 1998 ist es soweit. Luther besucht die Lateinschule zu Eisenach, die einen sehr guten Ruf genoss. Daneben waren es auch familiäre Gründe, denn Verwandte seiner Mutter, einer geborenen Lindemann, lebten hier. Leider waren diese nicht in der Lage, Martin zu unterstützen. So musste er eine der Kammern beziehen, die in der Schule für arme Schüler bereit standen. Er wurde Singeschüler und zog mit der Kurrende durch die Stadt und verdiente dadurch milde Gaben. Die Lateinschule St. Georgen bildete ihre Zöglinge sehr gut aus, so dass sie die Universität beziehen konnten.Luther lernte hier die Feinheiten der lateinischen Sprache, übte sich im Reden, machte lateinische Verse und legte eifrig den Grund für seine spätere Tätigkeit als rede- und schriftgewandter Prediger und Übersetzer.
Die Schule gefiel ihm. „Nicht mit dem türkischen Kaiser wollte ich tauschen, wenn ich dafür das im Unterricht in Eisenach Gewonnene entbehren soll“, war sein Resümee. Das wird den Rektor Trebonius sehr erfreut haben. Luthers Musikalität führte zu einer Wende in seinen persönlichen Verhältnissen. Im Kirchenchor und in der Kurrende fiel seine wohlklingende Stimme auf und veranlasste die Patrizierfamilie Schalbe, sich seiner anzunehmen. Dort erhielt er einen Freitisch und beaufsichtigte den kleinen Sohn bei den Schularbeiten. Ursula Cotta, eine geborene Schalbe, nahm Martin in ihr Haus auf, richtete ihm zwei behagliche Stübchen ein und sorgte für die nötige Nestwärme. Bis zum Weggang aus Eisenach hat Martin dort gewohnt und erfreute sich wärmender Fürsorge. Vielfältige Anregungen und die herzliche Aufnahme, die Luther bei den neuen Freunden und Gönnern fand, haben dazu beigetragen, dass er sich in Eisenach äußerst wohl fühlte. Als perfekter Lateiner, hochgebildet und gereift, verließ er im April 1501 Eisenach, um an der Universität Erfurt das von seinem Vater bestimmte Jura-Studium aufzunehmen.
An seine Eisenacher Zeit dachte er sein Leben lang gern zurück. Unter all den vielen Städten, in denen Martin Luther weilte, hat er nur Eisenach die ehrenvolle Bezeichnung „Meine liebe Stadt“ verliehen. Daran denken wir, wenn wir unseren Martin feiern, Wartburg, Lutherhaus oder sein Denkmal besuchen.